Luka Herden fliegt mit Bestleistung zu DM-Silber

12:07:2023 | Die deutschen Meisterschaften in Kassel avancierten aus Sicht der LG Brillux zu einem Leistungs-Feuerwerk Luka Herdens: Weitsprung-Silber und ein fünfter Platz über die 100 Meter waren weit mehr, als man im Vorfeld erwarten durfte.

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Dass der Schlüssel für außergewöhnliche Leistungen oft genug im Kopf liegt, ist eine viel bemühte Weisheit. Bei den deutschen Aktiven-Meisterschaften in Kassel gab Luka Herden eindrucksvollen Anschauungsunterricht für deren praktische Relevanz. Bei aller Ernsthaftigkeit, die ein Saisonhöhepunkt einfordert, präsentierte sich der 23-Jährige locker und befreit wie selten, während er mit hochwertigen Bestwerten auftrumpfte.

Die Weichen stellte der eigentlich nur als Auftakt geplante 100 Meter-Vorlauf, den Luka trotz technischer Reserven in neuer persönlicher Bestleistung (10,54 Sekunden) beendete. „Die Atmosphäre, das Wetter und alle sonstigen Rahmenbedingungen waren toll und ich hatte einfach großen Spaß, Teil dieses Wettkampfes zu sein“, erlebte Luka Herden seinen Start in die deutschen Meisterschaften als pure Freude am nationalen Leichtathletik-Event des Jahres, das vor gut gefüllten Rängen beste Werbung für den Sport bot.

10,37 Sekunden: Luka Herden sprintet im Halbfinale 100 Meter-Kreisrekord

Lukas Gefühl war so gut, dass er seinem Trainer Lars Goldbeck grünes Licht für einen Halbfinal-Start abrang. „Eigentlich wollten wir im Einzel den vollen Fokus auf den Weitsprung legen. Stattdessen haben wir uns darauf geeinigt, das 100 Meter-Halbfinale zu laufen, unter der Prämisse technischer Diszipliniertheit“, so Luka Herden über den „Deal“, der sich mit einem Sprint in neue Sphären bezahlt machte: Der eigentliche Weitsprung-Spezialist Herden gewann sein Halbfinale in herausragenden 10,37 Sekunden – obwohl bzw. gerade weil er nach eigener Einschätzung nur 95 Prozent Aggressivität in sein Rennen gelegt hatte. Weder Athlet noch Trainer hatten mit dieser enormen Steigerung gerechnet, mit der Luka Herden sogar den Kreisrekord Markus Greufes (10,42 Sekunden) toppte.

Mit demselben Mindset absolvierte Luka das 100 Meter-Finale und zeigte als Fünfter in 10,47 Sekunden eine erneut beeindruckende Performance im Kräftemessen mit Vollblut-Sprintern wie Yannick Wolf, Julian Wagner und Robin Ganter. Das beeindruckte auch Lars Goldbeck, der den Stellenwert der mentalen Disposition für seinen Vorzeige-Athleten kennt: „Wenn Luka vom Kopf her frei ist, kann er seine besten Leistungen abrufen. Nach den 100 Metern wussten wir, dass es seine DM werden kann.“

7,91 Meter: Die Acht-Meter-Marke rückt näher

Und wie es die DM Luka Herdens wurde, der noch in letzten Jahr nach gesundheitlichen Problemen einen durchwachsenen Saisonhöhepunkt erlebt und seine Weitsprungsaison sogar frühzeitig abgebrochen hatte. In Kassel stand am Sonntagnachmittag ein Athlet an der Sprunggrube, der mit jeder Faser Selbstsicherheit, Leidenschaft und Leichtigkeit ausstrahlte. Nach einem gelungenen Auftakt (7,67 Meter) packte Luka in Versuch zwei einen Satz aus, der die Zuschauer im Auestadion zu lautstarkem Beifall und ihn selbst zum zweiten Gefühlsausbruch des Wochenendes animierte: Mit 7,91 Meter steigerte Luka seine persönliche Bestleistung um zwölf Zentimeter – ein großer Schritt in Richtung der Acht-Meter-Marke. Es folgten in den Versuchen drei und vier haarscharf übergetretene Versuche, die die Halbwertszeit der großen Schallmauer erheblich in Bedrängnis brachten.

„Für mich persönlich gibt es nichts, das ich bedauern könnte“

Dass Luka Herden den Wettbewerb nicht mit Gold, sondern mit Silber beendete, war dem finalen Sprung des nominellen Favoriten Simon Batz (MTG Mannheim) geschuldet: Der 20-Jährige flog nach einem bis dahin unbefriedigenden Wettkampf auf 7,97 Meter und rückte von Rang sechs noch an die Spitze vor. Erster Gratulant des Mannheimers: Luka Herden, der seinen Kontrahenten herzlich umarmte. „Ich freue mich sehr für Simon. Für mich persönlich gibt es nichts, das ich bedauern könnte: Ich hatte Spaß am Wettkampf, bin zwölf Zentimeter über meine bisherigen Bestleistung gesprungen und habe eine Medaille geholt“, zeigte sich der große Sportsmann rundum zufrieden. Lars Goldbeck attestierte Herden und Batz einen Wettkampf auf Augenhöhe, in dem sein Schützling restlos überzeugt habe: „Wir haben immer darauf hingearbeitet, so nah wie möglich an die acht Meter zu kommen – und das hat Luka jetzt geschafft. Luka kämpft in erster Linie für Weiten, nicht für Platzierungen. Im Übrigen ist auch Silber ein toller Erfolg. Beides hat sich Luka mit großer Beharrlichkeit, einem herausragenden Körpergefühl und seinem in dieser Saison unglaublichen Mindset erarbeitet.“

4×100 Meter-Staffel der Männer kratzt erneut an der 40-Sekunden-Marke

Für seine Einzel-Starts hatte Luka Herden angesichts des straffen DM-Zeitplans zwangsläufig auf die 4 x 100 Meter-Staffel verzichten müssen, kurz vor Beginn der Weitsprungkonkurrenz wurde sie auf die Reise geschickt. Für Luka rückte U20-Sprinter Leonard Horstmann neben Markus Greufe, Jakob Bruns und Jan-Luca Fröse ins LG-Quartett, das in der Vorwoche in Göttingen beim letzten Wechsel ausgeschieden war. In Kassel ging alles gut, und als Leonard Horstmann im zweiten von drei Zeitendläufen den Stab nach schnellen 40,01 Sekunden über die Ziellinie brachte, hatte die LG Brillux ihre theoretische Medaillen-Chance gewahrt. „Ich war froh, dass der Stab ins Ziel gekommen ist. Beim letzten Wechsel haben wir auf Sicherheit gesetzt“, kommentierte Lars Goldbeck die Performance des Quartetts, das hinter den favorisierten Wattenscheidern (39,39 Sekunden) ins Ziel kam. Jetzt hieß es abwarten; in Lauf drei demonstrierten die Staffeln aus Hamburg (39,49 Sekunden) und Mannheim (39,74 Sekunden) die hohe Leistungsdichte im deutschen Männer-Sprint – die Medaille war damit weg, Platz vier dennoch aller Ehren wert. „Wir sind sehr zufrieden, zumal absehbar war, dass wir den Verzicht auf Luka nicht würden kompensieren können“, so Goldbeck.

Markus Greufe mit letzten Karriere-Rennen

Sein letztes Karriere-Renen hatte zu diesem Zeitpunkt Markus Greufe absolviert. Für den 27-Jährigen, der in den vergangenen Jahren der dominierende Sprinter des Münsterlandes war, setzte die Staffel den emotionalen Schlusspunkt unter seine erfolgreiche Karriere: „Die Staffel hat mir gezeigt, warum ich noch ein Jahr drangehangen habe. Es hat riesig viel Spaß gemacht, gemeinsam mit Jakob, Jan-Luca und Leonard auf der Bahn zu stehen – ich bin absolut happy.“

Auch für seinen Einzelstart hatte Markus Greufe trotz hoher beruflicher Belastung viel investiert, musste die 100 Meter-Konkurrenz nach dem Vorlauf (10,74 Sekunden) aber enttäuscht abhaken. „Ich war eigentlich im Rahmen der Möglichkeiten topfit, Lars hatte mich erneut gut auf den Höhepunkt vorbereitet – leider konnte ich das in Kassel nicht abrufen“, erlebte Markus seine finale DM mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Dass ihm Teamkamerad Luka Herden den 100 Meter-Kreisrekord entriss, war indes Teil der positiven Emotionen eines bewegten Wochenendes: „Luka hat meinen Kreisrekord verdient unterboten und es hat etwas Besonderes, dass das bei meinem letzten Wettkampf-Wochenende geschehen ist. Ich freue mich sehr für ihn!“ Trainer Lars Goldbeck war indes dankbar, dass sein langjähriger Vorzeigesprinter mit einem versöhnlichen Staffelauftritt die erfolgreiche Karriere besiegeln konnte.

Jakob Bruns mit erstem großen Freiluft-Einzel-Finale

Die Karriere von Jakob Bruns nimmt indes weiter an Fahrt auf. In Kassel glückte ihm über die 200 Meter der Sprung in sein erstes großes Freiluft-Einzel-Finale, womit er seine Hallen-Performance bestätigte. Nach einem gelungenen 100 Meter-Auftakt (10,71 Sekunden bei leichtem Gegenwind) und der starken Staffel-Performance hätte Jakob im Halbfinal-Fight um die besten 200 Meter-Finalbahnen gerne ein wuchtigeres Pfund in die Waagschale geworfen – 21,34 Sekunden reichten zwar für den Finaleinzug über die Zeitregelung, wie in der Halle aber nur zur ungünstigen Bahn eins. „Leider habe ich nach 100 Metern verkrampft, sodass ich meine Stärke auf der Zielgeraden nicht ausspielen konnte“, war Jakob mit seiner Halbfinal-Performance nicht zufrieden. Wie bei den deutschen Hallenmeisterschaften stellte er sich dann aber vorbildlich auf das Finale ein und zeigte auf der Innenbahn ein souveränes Finalrennen – Platz sieben in 21,47 Sekunden waren bei seiner erst zweiten Einzel-Teilnahme an einer Freiluft-DM der Aktiven der nächste Schritt auf dem Weg in die nationale Spitze.

„Ich habe erst im Nachhinein realisiert, dass ich zufrieden sein kann, mit 21 Jahren im Männer-Finale zu laufen. Hier habe ich für Bahn eins eine souveräne Zeit angeboten – nach zwei Tagen Dauerbelastung und Hitze geht das vollkommen in Ordnung“, zog Jakob ein positives Fazit. Das bekräftigte auch Trainer Lars Goldbeck: „Jakob ist ein taktisch sehr gutes Finale gelaufen. Die Saison war lang und er kann mit dem siebten Platz zufrieden sein.“ Ganz vorne brannte Joshua Hartmann (ASV Köln) in 20,02 Sekunden einen neuen deutschen 200 Meter-Rekord auf die Bahn und sorgte damit für das DM-Highlight.

Maximilian Busse springt angeschlagen auf Rang sechs

Bei seinen ersten deutschen Aktiven-Meisterschaften hatte Maximilian Busse mit erheblichen Fersenproblemen zu kämpfen – eine vertraute Problematik, die sich nach einer schmerzfreien ersten Saisonhälfte verstärkt in den Vordergrund schob und zuletzt nahezu keine Trainingssprünge zuließ. Platz sechs mit einer Weite von 7,30 Meter waren insofern am Sonntag das bestmögliche Resultat. „Ich habe im Wettkampf die Ferse ordentlich gemerkt, war aber froh überhaupt springen zu können – auch dank der Behandlung von LG-Physiotherapeutin Sabine Zumdick. Die bombastische Stimmung in Kassel hat meinen ersten DM-Start trotz der Beschwerden und der gemessen an meiner Bestleistung mäßigen Weite zu einem unvergleichbaren Erlebnis gemacht“, war Maximilian unterm Strich zufrieden. Der 7,49 Meter-Springer wird jetzt in die Saisonpause gehen und hofft, 2023 erneut in die DM-Atmosphäre eintauchen zu können.

4×100 Meter-Staffel der Frauen steigert sich deutlich

Ein starkes Rennen absolvierte die 4 x 100 Meter-Staffel der Frauen. Erst einmal waren sind Fiona Wildemann, Tabea Christ, Maja Huesmann und Nicole Rodehutscord gemeinsam an den Start gegangen – bei den Westfalenmeisterschaften in Recklinghausen hatte sich das Quartett für die DM qualifiziert. In Kassel steigerte sich die LG-Staffel um sieben Zehntel auf ausgezeichnete 46,28 Sekunden, was in der Endabrechnung der 23 Teams zu einem sehr guten zwölften Platz reichte. „Obwohl wir bei den Wechseln auf Nummer sicher gegangen sind, haben die Vier ihre Bestleistung deutlich gesteigert“, lobte Lars Goldbeck die starke Performance der Staffel, die in den kommenden Jahren sicherlich weiter auf dem Vormarsch sein dürfte.

Christina Lehnen auf Platz elf, Jan-Luca Fröse hauchdünn am Halbfinale vorbei

Bei Temperaturen von deutlich über 30 Grad gingen am Sonntagnachmittag die Hindernisläuferinnen auf die Bahn. Christina Lehnen musste den Bedingungen Tribut zollen, zumal ihr eine Woche nach dem harten Hindernis-Fight von Göttingen die Frische fehlt. In 10:53,08 Minuten belegte sie Platz elf.

Jan-Luca Fröse schrammte um die Winzigkeit von zwei Tausendstelsekunden am 100 Meter-Halbfinale vorbei – als einer von drei Athleten bot er 10,66 Sekunden an, als Einziger ging er in leer aus. Lars Goldbeck zollte ihm dennoch Respekt für eine starke Saison mit zwei DM-Teilnahmen: „Das war so nicht vorhersehbar. Jan-Luca ist sehr motiviert, weiter an sich zu arbeiten.“

Chefcoach Jörg Riethues lobt das LG-Team

Chefcoach Jörg Riethues zog für die LG Brillux eine erfreuliche Bilanz: „Mit den Plätzen zwei, vier, fünf und sieben haben wir sehr erfolgreiche Deutsche Meisterschaften erlebt. Obwohl einige Athletinnen und Athleten von der U23-DM der Vorwoche oder der laufenden Uni-Klausurphase erschöpft waren, ist die komplette Mannschaft vorbildlich aufgetreten.“