Westfalenmeisterschaften III: LG Brillux erneut in Medaillen- und Normenlaune

02.02.2023 | Fünf Gold-, sieben Silber- und drei Bronze-Medaillen räumte die LG Brillux Münster beim dritten Teil der Westfälischen Hallen-Meisterschaften ab. In den technischen Disziplinen glückte den Weitspringern ein seltener „Sweep“.

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Wer in diesen Tagen einen Blick in die deutsche U-20Jahresbestenliste wirft, der dürfte staunen: Jeweils zweimal stellt die LG Brillux die aktuelle deutsche Jahresbestzeit sowie die zweitschnellste Zeit der Hallensaison 2022/23. Verantwortlich dafür sind mit Silas Zahlten und Bastian Sundermann zwei der Aushängeschilder des Vereins, die längst mehr sind als talentierte Jugend-Athleten. Beide trumpfen mit derart starken Leistungen auf, dass sie sogar die A-Normen für die Erwachsenen-DM unterboten haben.

Silas Zahlten erneut mir vorweggenommener EM-Norm

Silas Zahlten gelang dabei auf den 1500 Metern ein Kunststück mit Seltenheitswert: Wie bereits vor Wochenfrist über die 3000 Meter blieb er unterhalb des Richtwerts, der in der Freiluftsaison für einen Start bei den U20-Europameisterschaften in Jerusalem gefragt sein wird. Aber der Reihe nach. Der Glaube an die eigene Stärke ist bei Silas in diesen Wochen so groß, dass er bei der Rennplanung die Vorgaben seines Trainers Jörg Riethues über- respektive unterbot. Während Riethues eine Zeit von unter 3:50 Minuten anpeilte, wollte Silas mehr: den Motivationskick, bereits in der Halle den für Jerusalem geforderten Richtwert (3:48,00 Minuten) zu unterbieten, selbst wenn erst mit Beginn der Freiluftsaison im April der tatsächliche Nominierungszeitraum startet. Entsprechend kam es dem 18-Jährigen gerade recht, dass mit Marius Probst (TV Wattenscheid) und Steffen Baxheinrich (LG Olympia Dortmund) zwei starke Mitstreiter der Männer-Klasse ein hohes Tempo ankündigten.

Und der Wattenscheider Probst enttäuschte nicht: Gleichmäßige 30er Runden waren für Silas der perfekte Zug, rasante 2:30 Minuten zeigte die elektronische Uhr nach 1000 Metern. Auch wenn Probst danach enteilte, blieb Silas auf dem Gas, unterstütz von Marco Sietmann: „Marco hat mich vor der Schlussrunde glücklicherweise überholt, sodass wir uns gegenseitig gepusht haben“, zeigt Silas den Wert eines gleichstarken Teamkameraden auf. Mehr oder weniger zeitgleich, getrennt nur durch den Wimpernschlag einer Hundertstelsekunde, überquerten Silas und Marco in 3:47,98 bzw. 3:47,99 Minuten die Ziellinie – Projekt vorweggenommene EM-Norm mit Maßarbeit erfüllt. Das sah auf der Tribüne auch Jörg Riethues mit großem Wohlwollen: „Die 3:47 in der Halle sind eine Ansage“, kommentierte er den Husarenritt seines Schützlings. Silas ist damit zum jetzigen Zeitpunkt klar der schnellste nationale U20-Athlet über die 1500 und die 3000 Meter. In Dortmund ließ er die westfälische Konkurrenz um satte elf Sekunden hinter sich.

Marco Sietmann rehabilitiert sich nach Atemproblemen

Auch Marco Sietmann strahlte nach dem Rennen trotz erheblicher Erschöpfung. Noch vor Wochenfrist war er mit Atemproblemen über die doppelte Distanz ausgestiegen, eine gewisse Verunsicherung war zurückgeblieben. Diese wischte er jetzt mit einer Steigerung seiner persönlichen Hallenbestzeit um sechs Sekunden vom Tisch. „Das war für den Kopf nicht ganz unwichtig. Zudem habe ich mein Ziel DM-A-Norm (3:51,50 Minuten) deutlicher erfüllt als erwartet“, war Marco zufrieden, zumal er auf zwei kräftezehrende Uni-Wochen zurückblickte. Das Schulter an Schulter-Finale mit Silas Zahlten erlebte er ebenso wie sein Trainer Robert Welp neben der Rundbahn als willkommenen Kick, der beiden sicherlich einige Zehntelsekunden beschert habe. Marco landete bei den Männern hinter Marius Probst (3:44,53 Minuten) auf Rang zwei.

Bastian Sundermann sprengt Erwartungsrahmen seines Trainers

Ebenso wie die Mittelstreckler absolvierte auch Bastian Sundermann erst das zweite Wettkampf-Wochenende der Hallensaison. Und ebenso wie Silas Zahlten signalisierte Bastian, dass er im U20-Altjahrgang keinesfalls nur auf Landesebene ein gewichtiges Wörtchen mitreden möchte: In einem mutig von vorne gestalteten 400 Meter-Rennen brannte er furiose 48,18 Sekunden auf die Bahn – bei einem Vorsprung von fast zwei Sekunden auf den Paderborner Robert Rutz lief er quasi außer Konkurrenz. Trainer Jan Vogt verfolgte das Geschehen mit wachsender Begeisterung: „Ziel war es, die B-Norm (49,20 Sekunden) für die Aktiven-DM zu laufen. Dass Basti eine derartige Fabelzeit anbietet und sogar die A-Norm (48,20 Sekunden) knackt, hat uns sehr überrascht.“ Fast schon ein wenig beängstigend sei es, wie stark sein Schützling sich im Wettkampfgeschehen zurückgemeldet habe, fügte Vogt schmunzelnd hinzu.

In der Tat ist die Steigerungskurve des 18-Jährigen enorm: Noch vor zwei Jahren lag seine Bestzeit bei 50,48 Sekunden, in seinem ersten U20-Jahr steigerte er sich unterm Hallendach auf 49,55 Sekunden und kratzte in der Freiluftsaison an den 48 Sekunden. Dass Bastian Sundermann jetzt auf dem Freiluft-Niveau in die Hallen-Saison einsteigt, ist bemerkenswert. Im nationalen Vergleich rangiert er bei den Unter-Zwanzigjährigen aktuell auf Platz zwei. Selbst nahm seinen Coup gewohnt unaufgeregt zur Kenntnis: „Ich bin sehr zufrieden mit der Zeit. Zugleich bin ich mir sicher, dass noch kleine Reserven für die verbleibenden Läufe meiner Hallensaison vorhanden sind.“

Fiona Wildemann mit Titel und DM-Norm, Franziska Lupfer noch nicht am Ziel

Fiona Wildemann steigert sich in der laufenden Saison von Rennen zu Rennen. Geradezu folgerichtig fiel jetzt die Norm: In starken 8,67 Sekunden unterbot sie über die 60 Meter Hürden in ihrem ersten Aktiven-Jahr den nationalen Standard um satte 13 Hundertstelsekunden, der westfälischen Konkurrenz enteilte sie sogar um mehr als vier Zehntelsekunden. Angedeutet hatte sich die Entwicklung bereits im Herbst: „Meine Trainingseinheiten verliefen schon in der Saisonvorbereitung sehr gut, sodass die DM-B-Norm unsere Zielstellung war.“ In Dortmund passte jetzt alles zusammen, Fiona war im Finale vom ersten Meter an hellwach und nach zwei exzellenten ersten Hürdenüberquerungen standen die Zeichen früh auf DM-Quali. Indes hängen Wohl und Wehe bei vom Scharfrichter der elektronischen Anzeigetafel ab. „Als dort meine Siegerzeit aufleuchtete und ich wusste, dass ich die Norm geknackt habe, war ich super happy“, schildert die 19-Jährige den erlösenden Moment. Die Athletin von Lars Goldbeck lief damit bis auf eine Hundertstelsekunde an ihre persönliche Bestleistung aus dem Vorjahr heran.

In der weiblichen U20 freuten sich Franziska Lupfer und Trainer Jan Vogt zwar über Platz zwei in neuer persönlicher Bestzeit (9,20 Sekunden), indes blieb als Wehrmutstropfen die verpasste JDM-Norm (9,10 Sekunden). Jan Vogt bleibt optimistisch, dass die 17-Jährige bei den Westdeutschen Meisterschaften am kommenden Wochenende das verbleibende Zehntel herauskitzeln kann.

Mittelstrecklerinnen mit zwei 1500 Meter-Normen und drei Medaillen

Zur Normenjagd bliesen auch die Mittelstrecklerinnen Kerstin Schulze Kalthoff (Frauen) und Pia Schlattmann (U20). Dabei stand Kerstins Start nach einem leichten Infekt unter der Woche auf der Kippe, die Entscheidung fiel erst nach einem lockeren Auftakt am Samstagmorgen. „Mein Trainer Robert Welp und ich haben alles sorgfältig abgewogen und uns letztlich für das Rennen entschieden. Es war eine von nur zwei Quali-Möglichkeiten“, so Kerstin Schulze Kalthoff über die Unwägbarkeiten der infektlastigen Wintermonate. Die 1500 Meter selbst waren dann ein hartes Stück Arbeit, auch in mentaler Hinsicht: „Ich habe mich bereits nach 300 Metern richtig mies gefühlt und insgesamt drei Mal ans Aufgeben gedacht“, erlebte die 24-Jährige das Rennen vor allem als Kampf mit sich selbst. Dass sie letztlich schneller als nie zuvor über die 1500 Meter in die Hallensaison einstieg und in 4:26,59 Minuten die A-Norm nur hauchdünn verpasste, spricht sowohl für Kerstin Leidensfähigkeit als auch für ihr hervorragendes Grundniveau. „Mit ihrer Zeit steht Kerstin aktuell auf Platz zehn der deutschen Jahresbestenliste, ziemlich sicher wird sie als eine der 18 besten Läuferinnen bei der DM an den Start gehen können“, ordnete Robert Welp den Wert der deutlichen B-Norm ein. Indes wird Kerstin versuchen den A-Standard nachzulegen. In Dortmund belegte sie Platz zwei hinter Verena Meisl (4:24,57 Minuten/TV Wattenscheid).

In der U20 lief Pia Schlattmann in ihrem ersten 1500 Meter-Hallenrennen überhaupt nahe an ihre Freiluftbestzeit heran: In 4:37,80 Minuten hakte sie die JDM-Norm ab und gewann mit großem Vorsprung den Titel. Pia rangiert sowohl über die 800 als auch über die 1500 Meter in den nationalen Top 10 der U20. Teamkollegin Leonie Kruse belegte Platz zwei (4:53,37 Minuten).

Luka Herden und Maximilian Busse im Zentimeter-Duell

Beim Männer-Weitsprung gelang der LG Brillux Münster ein seltener „Sweep“: Luka Herden, Maximilian Busse und Marvin Staubermann belegten die Plätze eins bis drei. Was nach einer langweiligen Veranstaltung klingt, entwickelte sich de facto zu einem Finale Furioso:  Maximilian Busse lag seit Versuch drei mit 7,28 Metern in Führung und jubelte im fünften Durchgang über ausgezeichnete 7,40 Meter – neue persönliche Bestweite und die B-Norm für die Hallen-DM. Für den Westfalenmeister-Titel reichte es indes nicht: Luka Herden, der mit seinem Anlauf haderte und insgesamt drei ungültige Versuche produzierte, reckte sich im letzten Durchgang nach Kräften und landete bei 7,41 Metern. Damit entriss er seinem Teamkollegen die Gold-Medaille, wenn es gemessen an Lukas eigenen Ansprüchen auch eher ein schwacher Trost war. Für die LG Brillux komplettierte Marvin Staubermann mit einem Sprung auf 6,53 Meter den Medaillensatz.

In der männlichen U20 war Leonard Horstmann der Konkurrenz weit voraus. 6,81 im letzten Versuch reichten indes zwar für eine neue Saisonbestleistung, nicht aber für die avisierte JDM-Norm (6,90 Meter). Zufriedener verließ in der U18 Eric Schwarze die Anlage: Angereist mit einer Bestleistung von 5,88 Meter, steigerte er sich im ersten Versuch auf 5,93 und setzte den Schlusspunkt mit seinem ersten 6 Meter-Sprung: 6,07 Meter bescherten dem von Klaudia Schönfeld betreuten Nachwuchstalent die Bronze-Medaille.

Neuzugang Benjamin Gebhardt gefällt über die 400 Meter

Die Trainingsgruppe von Roberto Morales hat in Viertelmeiler Benjamin Gebhardt einen starken Neuzugang: In 50,60 Sekunden blieb der 21-Jährige klar unter seiner Freiluftbestzeit. Er belegte hinter dem ehemaligen LG Brillux-Athleten Jonas Breitkopf (jetzt LG Olympia Dortnund) Rang zwei bei den Männern.

Weitere Medaillen durch Guely Batantou und Finnja Freisfeld

In der weiblichen Jugend U20 fand Guely Batantou nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten in der komplexen Angleittechnik zunehmend besser in den Wettkampf und belohnte sich selbst mit einer neuen persönlichen Bestleistung (10,63 Meter). Die vielseitige Athletin von Klaudia Schönfeld holte damit die Bronzemedaille. Zu Silber schwang sich in der U18 Stabhochspringerin Finnja Freisfeld auf (3,21 Meter).

Weitere Ergebnisse: 1500 Meter Männer: Jari Bender, 4:00,76 Minuten, Platz 5; Jens Kassebeer, 4:03,65 Minuten, Platz 7; Justin Lukas, 4:03,83 Minuten, Platz 8 / 60 Meter Hürden U18: Sarah Heger, 9,27 Sekunden, Platz 6 / Weitsprung weibliche Jugend: Maja Huesmann (U20), 4,92 Meter, Platz 7; Majka Kruszyna (U18), 4,91 Meter, Platz 8 / Stabhochsprung U18: Niklas Frederik Workert, 3,21 Meter, Platz 6.

Sportwart Jörg Riethues lobt starke Leistungen in allen Disziplinblöcken

Als Sportwart zog Jörg Riethues für den zweiwöchigen Block der Westfälischen Hallenmeisterschaften ein äußerst positives Fazit: „Für die gesamte LG war es ein super Einstieg, begonnen bei der U16, bis aufwärts zu den Aktiven. Wir haben starke Leistungen in ganz unterschiedlichen Disziplinen angeboten: Im Sprint und auf den Mittelstrecken ebenso wie über die Hürde, im Weitsprung und im Stabhochsprung.“