DM-Medaillen für Horstmann, Herden und 4×100 m-Staffel
03.07.2024 | Mit zwei Silber-Medaillen, einer Bronze-Medaille, einem Kreisrekord und insgesamt sieben Top 8-Platzierungen erzielte die LG Brillux Münster eine starke DM-Bilanz.
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Zwei Witterungs-Gesichter prägten die deutschen Aktiven-Meisterschaften in Braunschweig: Sonne und Wärme an den ersten beiden Meisterschaftstagen, teils strömender Regen und ein Temperatursturz von mehr als zehn Grad Celsius am Sonntag. Wer als Athlet:in an beiden Tagen im Einsatz war, tauchte in gänzlich unterschiedliche Bedingungen ein.
Beirren ließen sich die Athletinnen und Athleten der LG Brillux davon nicht: Mit drei Medaillen, sieben Top 8-Platzierungen und einem neuen Kreisrekord übertraf das Team die selbst gesteckten Ziele. Erfolgreichster Akteur war in Braunschweig Leonard Horstmann, der innerhalb weniger Stunden zunächst Silber mit der 4×100 Meter Staffel (Jan-Eric Frehe / Leonard Horstmann / Jakob Bruns / Gabriel Wusu) gewann und in einem hochspannenden 200 Meter-Finale Bronze nachlegte. Für die erste Meisterschafts-Medaille hatte am Samstag Luka Herden als Zweitplatzierter im Weitsprung gesorgt. Jenseits der Medaillen-Ränge begeisterten Jan-Eric Frehe mit 100 Meter-Kreisrekord (10,34 Sekunden), Tabea Christ als Fünfte im Weitsprung und Hindernisläufer Silas Zahlten als Sechstplatzierter. Auch Disziplin-Kameradin Kerstin Schulze Kalthoff auf Platz sieben und Hürdensprinter Joshua Wagner auf Platz sechs verbuchten Top 8-Ergebnisse.
4 x 100 Meter Staffel der Männer holt in strömendem Regen Silber
Zu den Höhepunkten der diesjährigen DM zählten die Sprintwettbewerbe der Männer, denn in Braunschweig ereignete sich Historisches: Als erster deutscher Sprinter der Geschichte unterbot Owen Ansah (Hamburger SV) in 9,99 Sekunden die magische 10-Sekunden-Schallmauer. Die Begeisterung schwappte hinüber in den Sonntag, wo die 4×100 Meter der Männer zu einem Showdown im strömenden Regen gerieten. Die LG Brillux Münster mit Jan-Eric Frehe, Leonard Horstmann, Jakob Bruns und Gabriel Wusu hielt Wort: Mit sehr gut abgestimmten Wechseln und individueller Klasse preschte das Quartett zur Silbermedaille – in 40,16 Sekunden musste sich die LG lediglich dem Hamburger SV (39,65 Sekunden) mit ihrem erneut überragenden Schlussläufer Owen Ansah geschlagen geben, profitierte allerdings auch von einer Disqualifikation der Leipziger Staffel.
„Hinter den Hamburgern begann die Preisklasse der anderen Staffeln und hier haben wir unseren Medaillen-Anspruch in die Tat umgesetzt.“ (Jan Vogt)
„Fast alle der vorne gemeldeten Staffeln sind mit ihren schnellsten Leuten gelaufen, was Silber sehr wertvoll macht. Wir sind immer besser aufeinander abgestimmt und konnten unser Rennen so gestalten, wie wir uns das vorgestellt haben“, war das LG-Quartett sehr zufrieden. Die Trainingsgruppe Vogt/Goldbeck untermauerte damit auch ihren Status als eine der leistungsstärksten Sprint-Trainingsgruppen Deutschlands. Entsprechend zufrieden war auch Coach Jan Vogt: „Hinter den Hamburgern begann die Preisklasse der anderen Staffeln und hier haben wir unseren Medaillen-Anspruch in die Tat umgesetzt.“
Eine besondere Genugtuung war die Medaille für Jakob Bruns: Nach einem äußerst herausfordernden Winter, als akute gesundheitliche Probleme in der Diagnose Typ 1-Diabetes mündeten, kämpfte sich der DM-Finalist des Vorjahres zurück und schaffte so den Sprung in die Staffel. Für den starken Zusammenhalt steht zudem Jan-Luca Fröse, der als Reservist stets an der Seite seiner Kameraden war und sich für den Fall der Fälle bereithielt.
200 Meter: Bronze für Leonard Horstmann in engem Finale
Für Leonard Horstmann war der Staffel-Einsatz nicht nur ein emotionaler Höhepunkt, sondern eines von gleich vier Rennen binnen 24 Stunden – ein kühnes Unterfangen, zumal Leonard nach dem noch sonnen- und wärmverwöhnten 100 Meter-Vorlauf am Samstag (10,65 Sekunden) tags darauf dreimal in ergiebigen Regen eintauchte. „Ich habe die Staffel-Belastung bei den darauffolgenden 200 Meter-Läufen schon ordentlich gemerkt“, verrichtete der 19-Jährige auf seiner Spezialstrecke Schwerstarbeit.
In den traditionell ruppigen Halbfinals, die eine beständige Gratwanderung zwischen dem Kampf um die besten Finalbahnen und dem Haushalten mit der Kraft darstellen, musste sich Leonard ordentlich strecken: Hinter Deniz Alams (VfL Wolfsburg) warf er sich in 21,23 Sekunden als Zweiter ins Ziel und sackte das große Q ein. Entlohnt wurde er dafür nicht: Während die drei Laufsieger für die potenziell besten Bahnen gesetzt waren, wies das Los Leonard Bahn drei zu – wenig ideal für den hochgewachsenen Athleten. „Das war sehr unglücklich, besonders in der Kurve sind die engen Radien auf der nassen Bahn schwieriger zu laufen“, so Leonard, der dennoch weit davon entfernt war, irgendetwas zu bedauern: „Ich habe das Rennen und die Atmosphäre extrem genossen und somit genau das geschafft, was ich mir vorgenommen habe.“
„Der Fokus der Saison war stets auf die deutschen U23-Meisterschaften gerichtet. Deshalb bin ich mir auch sicher, dass die Medaillenjagd in dieser Saison noch nicht vorbei ist.“ (Leonard Horstmann)
In der Tat wäre jeder andere Blickwinkel auf das nach dem Rückzug von Deniz Almas äußerst enge Finale vermessen. Für Zuschauer und Stadionsprecher nicht auseinanderzuhalten, gingen Gold an Eddie Reddemann (Bayer Leverkusen / Bahn 8 / 21,30 s), Silber an Torben Finke (Sigiltra Sögel / Bahn 6 / 21,32 Sekunden) und Bronze an Leonard Horstmann (21,33 Sekunden). In seinem ersten Erwachsenen-Jahr hat der spätberufene Sprinter Leonard Horstmann mit einer Einzel-Sprint-Medaille Großes geleistet.
Neu gemischt werden die Karten am kommenden Wochenende, wenn die drei Medaillengewinner bei der U23-DM antreten – dem eigentlichen Saisonziel Leonard Horstmanns: „Der Fokus der Saison war stets auf die deutschen U23-Meisterschaften gerichtet. Deshalb bin ich mir auch sicher, dass die Medaillenjagd in dieser Saison noch nicht vorbei ist“, hat der ehrgeizige Athlet seine Aufmerksamkeit längst auf die nahe Zukunft gerichtet.
10,34 Sekunden: Jan-Eric Frehe sprintet auf Platz neun 100 m-Kreisrekord
Das gilt auch für Jan-Eric Frehe, der am Montag zu Protokoll gab, nicht allzu sehr in der Vergangenheit verharren zu wollen. Dabei gäbe es für Frehe gute Gründe, das Braunschweig-Wochenende genüsslich Revue passieren zu lassen. Immerhin holte er nicht nur Staffel-Silber, sondern knackte in furiosen 10,34 Sekunden auch den 100 Meter-Kreisrekord seines Vereinskameraden Luka Herden (10,37 Sekunden). „Eine absolute Fabelzeit, und das in diesem Feld“, kommentiert ein begeisterter Tainer Jan Vogt.
Angedeutet hatte sich die Rekordform im Vorlauf, als der 21-Jährige trotz mäßigen Starts seine bisherige PB (10,42 s) egalisierte – „da wusste ich, dass noch dickes Verbesserungspotenzial besteht“, fieberte Jan-Eric Frehe seinem Halbfinale entgegen, wo er auf Branchen-Größen wie Joshua Hartmann traf. Seinen Rennplan führte er par excellence aus: „Mein Ziel war es, trotz der großen Namen mein eigenes Ding durchzuziehen und die Beschleunigung mit einem vernünftigen Übergang in den Top-Speed zu beenden. Als ich nach 70, 80 Metern immer noch Kontakt zu Julian Wagner hatte, wusste ich: ‚Da läuft gerade irgendetwas gut.‘“ Die Bestätigung erschien auf der Anzeigetafel und bewegte Jan-Eric enorm: „Ich hatte noch im Stadion eine Gänsehaut und die innerliche Freude war riesengroß.“
„Ich hatte noch im Stadion eine Gänsehaut und die innerliche Freude war riesengroß.“ (Jan-Eric Frehe)
In seiner Premiere-Saison für die LG Brillux hat sich Jan-Eric Frehe damit in die Annalen des Leichtathletik-Kreises Münster eingeschrieben – ganz so, wie er es sich nach dem starken Verlauf der Hallensaison vorgenommen hatte. Stichwort Annalen und Rekorde: Um ein Haar hätte Frehe den deutschen 100 Meter-Rekord von Owen Ansah auf der Bahn miterlebt. Nicht nur schrammte er als Neunter der Halbfinals um eine Hundertstel am kleinen q vorbei; als Chidiera Onuoha (ASV Köln) die LG-Delegation im Stile eines fairen Sportlers auf seinen Final-Verzicht hinwies, schien Jan-Eric Frehe der folgerichtige Nachrücker zu sein. Das komplexe Regelwerk wartete indes mit einem Fallstrick auf, sodass Onuohas Bahn im Finale unbesetzt blieb. Frehe nahm es letztlich gelassen hin: „Ich habe bei der Hallen-DM gelernt, dass man sich nicht zu früh freuen sollte. In Braunschweig bin ich reflektiert geblieben und habe mir so die Enttäuschung weitgehend erspart.“
Männer-Weitsprung: Luka Herden freut sich über Silber und hadert mit der Weite
Im Männer-Weitsprung kam es zum Aufeinandertreffen jener drei Athleten, die in Rom die Nationalmannschaft repräsentiert hatten. Auch in Braunschweig waren Luka Herden, Simon Batz (MTG Mannheim) und Maximilian Entholzner (LG Stadtwerke München) die stärksten Springer, indes behielt der Mannheimer wie vor Jahresfrist die Oberhand (8,04 Meter). Luka Herden konnte mit dem Silberrang gut leben, haderte aber mit dem Wettkampfverlauf und seiner Weite von 7,79 Metern: „Ich bin schwierig in den Wettkampf reingekommen. Im ersten Versuch war ich zu weit vom Brett entfern, im zweiten bin ich übergetreten. Nach einem Sicherheitssprung in Versuch drei blieben unterm Strich effektiv nur drei brauchbare Durchgänge“, zog er eine gemischte Bilanz.
Zwei Tage danach ist der relative Verdruss abgehakt und der Blick richtet sich nach vorne: „Es ist noch früh im Jahr und ich peile noch einige Meetings an“, so Luka Herden. Eine Last Minute-Qualifikation für die Olympischen Spiele gelang in Braunschweig nicht: In der Road to Paris, dem internationalen Olympia-Qualifikations-Ranking, belegt Luka mit 1.195 Punkten Rang 39 – dass für Paris lediglich sieben Plätze bzw. 17 Punkte fehlen, unterstreicht zugleich die internationale Klasse des 25-Jährigen.
Frauen-Weitsprung: Tabea Christ trotzt schwierigen Bedingungen
Waren die Männer am Samstag bei Top-Bedingungen gesprungen, litten die Frauen am Sonntag extrem unter dem Regen und der infolgedessen rutschigen Anlage: Eine schwere Knieverletzung von Ruth Hildebrand (MTG Mannheim) beim Einspringen überschattete den kompletten Wettkampf, Favoritin Mikaelle Assani verzichtete nach Versuch eins auf weitere Anläufe, um ihre Olympiateilnahme nicht zu riskieren. Das alles berührten auch Tabea Christ: „Ich hatte mich auf meinen Weitsprung-Wettkampf sehr gefreut, die schlimme Knieverletzung unserer Kontrahentin hat das komplette Feld dann aber beunruhigt. Uns wurde klar, dass es nicht nur schwierig ist weit zu springen, sondern auch verletzungsfrei den Wettkampf zu überstehen.“
Gemessen an diesen Voraussetzungen holte Tabea Christ aus ihrem Wettkampf viel heraus: 6,22 Meter und Platz fünf waren beim Saisonhöhepunkt ein Top-Resultat. „Dieser 5. Platz ist für mich der größte Erfolg bei einer Aktiven-DM. Das große Publikum hat toll unterstützt“, freute sich die von Lars Goldbeck trainierten Athletin, haderte aber auch mit 19 verschenkten Zentimetern am Brett.
„Alle haben mir gesagt, wie sehr sie sich für mich über mein Comeback freuen. Das bedeutet mir sehr viel und ich bin glücklich, die Entscheidung getroffen zu haben, mit Lars meiner Weitsprung-Karriere noch eine Chance zu geben.“ (Tabea Christ)
Abseits des eng gefassten Wettkampf-Geschehens, bei dem Tabea am Samstag auch mit eingestellter 100 Meter-PB (11,82 Sekunden) überzeugte, freute sie sich besonders über das Wiedersehen früherer Weggefährt:innen verschiedener Disziplinen: „Alle haben mir gesagt, wie sehr sie sich für mich über mein Comeback freuen. Das bedeutet mir sehr viel und ich bin glücklich, die Entscheidung getroffen zu haben, mit Lars meiner Weitsprung-Karriere noch eine Chance zu geben“, so die 26-Jährige, die vor sieben Jahren im Finale der Aktiven-DM stand.
110 Meter Hürden: Joshua Wagner unter Schmerzen auf Platz sechs
In seinem ersten Jahr bei der LG Brillux hat Joshua Wagner bereits die zweite DM-Final-Teilnahme verbucht – in Braunschweig bestätigte der 24-Jährige Platz sechs aus der Hallen-Saison. Mindestens ebenso einprägsam wie das Finale vor toller Kulisse dürfte für Joshua allerdings eine Welle des Schmerzes gewesen sein, die ihn an der siebten Hürde erfasste. „Ich habe mein ohnehin leicht angeschwollenes Knie an der siebten Hürde angeschlagen und konnte meinen Lauf nur unter Schmerzen und mit eingeschränkter Konzentration beenden. Nach dem Finale bin ich nur noch gehumpelt“, berichtet Joshua von seinem Malheur.
„Joshuas Knie war mehr oder weniger auf das Doppelte angeschwollen.“ (Jan Vogt)
Trainer Jan Vogt, der nach einem sehr guten Halbfinale mit großem Q die Devise des offenen Visiers ausgegeben hatte, traf seinen Schützling nach dem Rennen im Sanitätsbereich an. „Joshuas Knie war mehr oder weniger auf das Doppelte angeschwollen“, berichtete Vogt. Der Plan des Duos, im Sog der starken nationalen Konkurrenz in Richtung der 14,00 Sekunden zu sprinten, wurde damit jäh durchkreuzt: Nach eingestellter Saisonbestleistung im Halbfinale (14,22 Sekunden) reichte es für Joshua im Finale zu 14,24 Sekunden.
Trotz oder vielleicht auch wegen des unglücklichen Finalverlaufs zog Joshua Wagner eine insgesamt positive Bilanz seines wichtigsten und letzten Wettkampfs der Saison: „Ich bin der Umstände entsprechend glücklich mit der DM. Wäre mir so etwas im Vorlauf passiert, hätte ich das Finale wohl nicht mehr laufen können.“
3000 Meter Hindernis, Männer: Silas Zahlten überrascht sich selbst und seinen Trainer
Als jüngster Athlet des Feldes ging Silas Zahlten ins Hindernis-Rennen. Entgegen den vermeintlichen Naturgesetzen einer Meisterschaft entwickelte sich dieses zu einer Tempohatz: Velten Schneider und Niklas Buchholz suchten ihre letzte Chance auf der „Road to Paris“, ehe der EM-Vierte Frederik Ruppert eine Demonstration seiner Klasse bot und in Meisterschaftsrekord finishte. Die Rennentwicklung hatte Silas Zahlten bei den Gesprächen im Callroom antizipiert und sich in einer realistischen Selbst-Einschätzung Zurückhaltung auferlegt.
Je länger das Rennen dauerte, desto mehr Boden machte Silas dann im Fight um eine Top 8-Platzierung gut. „Ich habe mein Ding gemacht und als immer mehr Athleten aus der vorderen Gruppe zurückfielen, habe ich mich an die Spitze meiner Gruppe gesetzt und nach und nach Läufer eingesammelt“, marschierte er in seinem ersten großen nationalen Finale bis auf Platz sechs nach vorne. In 8:56,06 Minuten blieb er bei Temperaturen um 28 Grad knapp über seiner PB. Die Bilanz von Silas Zahlten und Jörg Riethues: „Wir sind mehr als zufrieden. Wir hatten uns zwar vor der DM einen Top 8-Platz ausgemalt, aber Platz sechs in einem stark besetzten Feld war dann doch eine positive Überraschung.“ Das Duo nimmt jetzt die U23-DM am kommenden Wochenende ins Visier.
3000 Meter Hindernis, Frauen: Kerstin Schulze Kalthoff nach starkem Infekt auf Platz sieben
Zur Unzeit lag Kerstin Schulze Kalthoff am Vorwochenende der DM mit einem starken Infekt flach, sodass ihr Start auf der Kippe stand. Zwar reichte das knappe Zeitfenster letztlich aus, jedoch fuhr Kerstin nicht in Vollbesitz ihrer Kräfte nach Braunschweig. Das spiegelte sich auch in der Rennplanung wider, bei der Robert Welp für das Prinzip Vorsicht plädierte. „Wir haben besprochen, dass ich defensiv anlaufe und auch meinen Endspurt erst bei 500 Metern vor dem Ziel setze – wir wollten nach der Erkrankung kein Risiko eingehen“, berichtet Kerstin von der taktischen Einstellung im Dienste ihrer Gesundheit.
„In Anbetracht der gesundheitlichen Probleme muss ich zufrieden sein. Ich habe gezeigt, dass mein Niveau stärker ist als in den vorherigen Saisons.“ (Kerstin Schulze Kalthoff)
Während an der Spitze des Feldes das designierte Olympia-Trio Gesa Krause, Olivia Gürth und Lea Meyer Tempo machte, hielt sich Kerstin folglich zurück. So verpasste sie womöglich den entscheidenden Moment, in dem die theoretische Chance bestanden hätte, mit einem Vorstoß die Lücke zur Top 5 zu schließen. „Ich war in dieser Phase nicht aktiv genug“, haderte Kerstin ein wenig mit dem Rennverlauf, stellte aber auch klar: „In Anbetracht der gesundheitlichen Probleme muss ich zufrieden sein. Ich habe gezeigt, dass mein Niveau stärker ist als in den vorherigen Saisons – darauf kann ich aufbauen.“ Aufbauen konnte sie auch auf einer feinen technischen Leistung und der Tatsache, dass sie in 10:06,30 Minuten weniger als eine Sekunde über ihrer noch frischen PB finishte.
1500 Meter: Pia Schlattmann mit taktischer Klasse ins Finale
Eine faustdicke Überraschung gelang auf den 1500 Metern Pia Schlattmann. Als 17. der Meldeliste angereist, bot sie zwei taktisch ausgereifte Rennen und erkämpfte sich in ihrem ersten Erwachsenen-Jahr einen starken zehnten Platz. Die Weichen stellte Pia im langsameren der beiden Vorläufe mit aufmerksamer Positionierung und beachtlichem Spurtvermögen. „Ich wusste früh, dass es auf die letzten Meter ankommen würde. Da mein Trainer Robert vor jedem Rennen die verschiedenen taktischen Varianten mit mir durchgeht, war ich darauf auch mental sehr gut vorbereitet“, dankte Pia Robert Welp für die ausgezeichnete Einstellung auf die robuste, unstetige Fahrt der Aktiven-Felder.
„Es war einfach toll, vor so einem großen Publikum zu laufen. Ich bin in der letzten Gruppe mitgeschwommen und konnte gute Erfahrungen mitnehmen.“ (Pia Schlattmann)
Das Finale vor gut gefüllten Rängen erlebte Pia dann als Belohnung: „Es war einfach toll, vor so einem großen Publikum zu laufen. Ich bin in der letzten Gruppe mitgeschwommen und konnte gute Erfahrungen mitnehmen.“ Im weit auseinandergezogenen Feld passierte sie die 1000 Meter-Marke schneller als je zuvor und obgleich auf der Schlussrunde die Ermüdung aufbrandete, lief sie in 4:26,19 Minuten die zweitschnellste Zeit ihrer Karriere. Insgesamt tankte die 19-Jährige auch viel Selbstvertrauen für die U23-DM.
5000 Meter: Lea Brückner behauptet sich in großem Feld
Die Meisterschaft eröffnet hatte für die LG Brillux am Freitagabend Lea Brückner. Im 24-köpfigen Feld war sie bei ihrem zweiten Bahn-DM-Auftritt des Jahres mit dem für sie nach wie vor unbekannten Laufen „im Pulk“ konfrontiert. „Wir waren eine große Verfolgergruppe, in der sehr dicht und eng gelaufen wurde – das hatte ich so noch nie erlebt und es kostete viel Energie und Aufmerksamkeit. Man sucht stets nach Raum für den eigenen Schritt, muss neu antreten um nach Ausweichbewegungen kleine Lücken zu schließen; ich habe zudem über weite Strecken einen längeren Weg in Kauf genommen, um nicht an der Innenbahn eingeschlossen zu werden“, bewältigte Lea die 5000 Meter als maximale Herausforderung aller Sinne und bald auch des Körpers: Ab der 3000 Meter-Marke zollte sie den Strapazen des „Pulks“ zunehmend Tribut, hielt sich gleichwohl tapfer in den Top 20 und finishte auf Platz 17 in 16:49,90 Minuten.
„In einem sehr kräftezehrende Meisterschaftsrennen knapp über PB zu laufen und mich in einem Feld mit großen Protagonistinnen der nationalen Szene präsentieren zu dürfen, macht mich mega happy.“ (Lea Brückner)
Den Kraftakt ordnete die frühere Straßen-Spezialistin Lea Brückner als integralen Bestandteil ihrer mit aller Konsequenz gestalteten „Mission Bahn“ ein. Die DM-Bilanz der von David Schönherr trainierten Athletin war geprägt von Freude und Dankbarkeit: „In einem sehr kräftezehrende Meisterschaftsrennen knapp über PB zu laufen und mich in einem Feld mit großen Protagonistinnen der nationalen Szene präsentieren zu dürfen, macht mich mega happy. Ich habe die DM genossen und hoffe, dass ich noch weitere Rennen auf diesem Niveau erleben darf.“
4×100 Meter der Frauen: Platz elf mit größerer Risikobereitschaft
Im letzten Moment hatten sich Fiona Wildemann, Tabea Christ, Laura Brandhofe und Maja Huesmann mit Sicherheitswechseln für die DM qualifiziert. In Braunschweig lautete die Devise: mehr Mut. Gesagt, getan: Das Quartett ließ sich im zweiten Zeitendlauf auch von der ungünstigen Bahn eins nicht beirren und steigerte die Meldezeit deutlich auf schnelle 46,52 Sekunden. Im großen Feld der 24 Staffeln schob sich die LG Brillux auf einen tollen elften Platz. „Angereist sind wir auf Platz 23 der Meldeliste. Nach Hause fuhren wir mit Platz elf und einer SB-Verbesserung um eine halbe Sekunde – damit sind wir äußerst zufrieden“, fasste die Jüngste des Quartetts, Laura Brandhofe, zusammen. Startläuferin Fiona Wildemann unterstrich den besonderen Spirit, den die vier zeigten: „Alle hatten richtig Bock zu laufen und wir haben alles gegeben. Auch die Wechsel haben wir voll ausgereizt.“
„Angereist sind wir auf Platz 23 der Meldeliste. Nach Hause fuhren wir mit Platz elf und einer SB-Verbesserung um eine halbe Sekunde – damit sind wir äußerst zufrieden.“ (Laura Brandhofe)
Die LG Brillux Münster war in Braunschweig hinter dem TV Wattenscheid die zweitschnellste westfälische Staffel und ließ die Konkurrenz aus Olpe und Paderborn weit hinter sich. Ein Sonderlob verteilte Coach Jan Vogt für die starke Schlusspassage an Maja Huesmann, die sich damit auch sehr gut gerüstet für die deutschen U23-Meisterschaften zeigte. Ähnlich wie bei den Männern Jan-Luca Fröse leistete bei den Frauen Reservistin Sarah Krämer wertvolle Unterstützung.
100 Meter / 200 Meter: Gabriel Wusu beißt sich durch
Einer der Vielstarter des DM-Wochenendes war Gabriel Wusu, der nicht nur als Schlussläufer der 4×100 Meter-Staffel Silber perfekt machte, sondern auch in zwei Einzelkonkurrenzen mitmischte. Am Samstag näherte er sich auf den 100 Metern bei Windstille in 10,67 Sekunden seiner Bestzeit und gab zu Protokoll, jede Sekunde seines Laufs genossen zu haben: „Die Stimmung war superb. Wir hatten tolles Wetter, es waren viele Zuschauer da und ich hatte das Vergnügen, gegen Joshua Hartmann zu starten.“ Fünf Hundertstel fehlten Gabriel für den Einzug ins Halbfinale.
Gabriels stärkste Distanz, die 200 Meter, standen spürbar unter dem Eindruck der hohen Vorbelastungen. „Der Tank bei Gabriel war nach 150 Metern leer“, analysierte Jan Vogt nüchtern. Gabriel selbst spannte den Bogen noch ein wenig weiter, um die für ihn enttäuschenden 22,04 Sekunden zu erklären: „Ich habe in den zurückliegenden Wochen extrem viele Rennen absolviert; zugleich musste ich aufgrund der Schmerzen im Fuß auf einige wichtige spezifische Trainingseinheiten verzichten. So kam es, dass ich gerade im Rennausgang, der eigentlich meine größte Stärke ist, nicht mehr genug Körner in mir hatte.“
„Ich habe jede Sekunde des Laufs genossen: Die Stimmung war superb, wir hatten tolles Wetter und es waren viele Zuschauer da. Außerdem hatte ich das Vergnügen, gegen Joshua Hartmann zu starten.“ (Gabriel Wusu)
Im Übrigen war es für den verletzungsanfälligen 23-Jährigen ein großer Erfolg, in Braunschweig alle drei Starts antreten zu können – auch dank ZfS-Physio Bene Wentrup. In Kombination mit persönlichen Bestzeiten auf den 100 und 200 Metern im bisherigen Saisonverlauf sowie der alles überstrahlenden Staffel-Silbermedaille zieht Gabriel dann auch ein positives Fazit und richtet den Blick kämpferisch in die Zukunft: „All in all war es eine super Erfahrung. Ich muss weiter geduldig sein und auf das Trainerteam Lars & Jan vertrauen. Da geht noch mehr.“
Weitsprung: Der Beuger von Maxi Busse sagt Nein
Vier Wochen nach seinem Muskelfaserriss im Beuger war Maxi Busse ohne Illusionen nach Braunschweig gefahren: Er wusste, dass es eng würde. Dennoch wollte er es zumindest versuchen – eine deutsche Meisterschaft schenkt man nicht ohne Weiteres weg. Indes sagte der Beuger schon beim Aufwärmen „Nein“: „Ich habe mich sehr intensiv aufgewärmt, um Sicherheit zu haben, ob ich den Oberschenkel belasten kann oder nicht. Wie befürchtet, zwickte der Beuger dabei schon“, berichtet Maxi Busse. Zwar absolvierte er einen vorsichtigen ersten Wettkampf-Durchgang, um die DM-Teilnahme für sich persönlich und für die LG Brillux verbuchen zu können, stieg dann aber aus. Bei nur zwölf qualifizierten Springern für maximal 14 DM-Startplätze tat das niemandem weh.
Trotz des bitteren Saisonhöhepunkt bewahrte der 24-Jährige seinen Humor: „Ich habe als überqualifiziertes Maskottchen alle anderen an der Grube angefeuert. Und da im Muskel nichts weitergehend kaputt gegangen ist, war der Verlauf für mich weniger schlimm, als er hätte sein können.“
U23-DM in Mönchengladbach steht bevor
Zurück in Münster, hieß es für gut die Hälfte des DM-Teams: Nach der DM ist vor der DM. Leonard Horstmann, Jan-Eric Frehe, Jan-Luca Fröse, Fiona Wildemann, Maja Huesmann, Pia Schlattmann und Silas Zahlten widmeten sich prompt der unmittelbaren Vorbereitung auf die U23-DM in Mönchengladbach. Jeder und jede von ihnen kann durch die starken Resultate aus Braunschweig optimistisch sein.