JDM-Gold für Bastian Sundermann, Silber für Silas Zahlten
02.03.2023 | Bei den U20-Meisterschaften übertraf Bastian Sundermann die Erwartungen und holte in einem engen 400 Meter-Finish die Gold-Medaille, Silas Zahlten ließ nur 15 Minuten später Silber folgen. Auch Pia Schlattmann überzeugte als Fünfte.
Sponsor
Es war ein Sieg des Willens: Fünf Viertelmeiler lagen eingangs der Zielgerade nahezu gleichauf, ihre Gesichter vom Schmerz der Übersäuerung gezeichnet. Die Medaillen waren für jeden der fünf in greifbarer Nähe, einer setzte sich im Kampf um Gold durch – Bastian Sundermann, der an diesem Tag möglicherweise die größte Leidensfähigkeit, den brachialsten Willen aufbrachte. In 48,23 Sekunden warf er sich elf Hundertstel vor Owe-Fischer Breiholz (Schweriner SC) und Titelverteidiger Maximilian Köhler (LG Region Karlsruhe) ins Ziel. Die erste Reaktion des neuen Deutschen U20-Meisters in den Sekunden darauf war nicht etwa die geballte Siegerfaust, Bastian Sundermann wandte sich stattdessen den beiden beim Zieleinlauf gestürzten Kontrahenten zu – die große Geste eines ebenso famosen wie umsichtigen Athleten im Moment des bisher größten Triumphes.
Aufregung vor großer Kulisse
Am Vortag war Bastian Sundermann in ungewohnter Ausgangsposition in die Vorläufe gestartet: Mit der zweitbesten Saison-Vorleistung des Feldes zählte er zu den gesetzten Medaillenanwärtern. Dieses Bewusstsein und die große Kulisse gingen nicht spurlos am 18-Jährigen vorüber: „Bastis Aufregung war spürbar und hat sich mit einem verstolperten Start und kleineren technischen Fehlern auf sein Rennen ausgewirkt“, beobachtete Trainer Jan Vogt einen nervösen Auftakt seines Vorzeige-Athleten. 48,63 Sekunden gingen gleichwohl in Ordnung und als am Sonntagfrüh bei der Vergabe der Final-Bahnen ein Quäntchen Losglück hinzukam, war Bastian guter Dinge: „Ich bin sehr positiv in den Tag gestartet, als ich sah, dass mir Bahn vier zugelost worden war. Diesen Schub habe ich mit an die Startlinie genommen“, unterstreicht er die Bedeutung der mentalen Disposition bei großen Meisterschaftsrennen.
„Ich habe gezweifelt, ob das gerade wirklich passiert“
Das Finale selbst wurden vom ersten Meter an rasant eröffnet und Bastian Sundermann war fest entschlossen, unter den Top drei auf die Schlussrunde zu gehen – das gelang, auch mit dem für 400 Meter-Hallenrennen erforderlichen physischem Durchsetzungsvermögen. Ein Schlüsselmoment folgte auf der Gegengerade, als sich Florian Koll (LG Osnabrück) anschickte Bastian Sundermann zu passieren. „Florian schob sich an meine Seite und mein Gedanke war: Bloß nicht auf Rang vier zurückfallen!“, schaltete Bastian jetzt in den ultimativen Kampfmodus und mobilisierte alle Kräfte. „Ich habe auf den letzten 50 Metern gezweifelt, ob das gerade wirklich passiert“, erlebte er die Sekunden der Zielgerade als surreal und hatte auch nach dem Rennen das Gefühl, wie von außen auf das für ihn unglaubliche Geschehen zu blicken.
Überwältigt war auf der Tribüne auch Trainer Jan Vogt, der die Schmerzen des Viertelmeilers aus seiner aktiven Zeit kennt: „Basti hat ein überragendes Rennen abgeliefert. Genau an der Stelle, wo auf den 400 Metern das Delirium einsetzt, hat er mit einer extremen Willensleistung die letzten Reserven mobilisiert.“ Besonders beeindruckt zeigte sich Jan Vogt darüber, dass sein Schützling inmitten der Abitur-Vorklausuren eine weitere mentale Höchstleistung erbrachte.
Goldmedaille als Gemeinschaftsleistung
In den Tagen nach dem Gold-Sprint genoss Bastian Sundermann trotz anhaltendem Schulstress seinen ersten DM-Titel – mit tiefer Zufriedenheit, dabei ohne die große Extraversion, wie es die Art des sympathischen Athleten ist. Die Goldmedaille beschreibt er als Lohn für die harte Arbeit und hebt dabei die Gemeinschaftsleistung hervor: „Jan und ich haben sehr gute Wege gefunden, die Trainingsreize auf mich zuzuschneiden. Unsere Arbeit funktioniert reibungslos und es ist uns gelungen, auf die vorhandenen Reserven zuzugreifen.“ Auch an Physiotherapeut Bene Wentrup vom ZfS Münster, der sich im Vorfeld der DM um Bastians zwickenden Beuger kümmerte, richtet er ein Dankeschön.
Jetzt heißt es: Nach der Hallensaison ist vor der Freiluftsaison. Bastian Sundermann und Jan Vogt werden nach einwöchiger Pause zurück an die Arbeit gehen. Die Stationen in Richtung Sommer sind bereits abgesteckt, erster wichtiger Fixpunkt wird das zweigeteilte Ostertrainingslager auf der iberischen Halbinsel sein: Teil eins wird Bastian zusammen mit seiner Trainingsgruppe in Portugal verbringen, Teil zwei mit dem DLV in Spanien. „Draußen werden die Karten komplett neu gemischt“, blickt der neue Deutsche 400 Meter-Indoor-Jugendmeister bescheiden und zugleich motiviert nach vorne.
Silas Zahlten als Topfavorit im Fokus
Die 400 Meter-Läufer hatten gerade die Bahn verlassen, als das große Feld der Mittelstreckler die Startaufstellung einnahm. 19 Läufer bedeuteten eine volle Bahn und ähnlich wie Bastian Sundermann bei seinem Vorlauf war auch Silas Zahlten die Aufregung anzumerken: „Ich bin mit einer klaren Favoritenrolle ins Rennen gegangen, auch wenn ich Tristan Kaufhold zu jeder Zeit als großen Konkurrenten auf dem Schirm hatte“, beschreibt Silas die Bürde des hoch gehandelten Fokus-Athleten. Nach seinen Vorleistungen von 8:20,97 Minuten über die 3000 Meter und 3:47,98 Minuten über die 1500 Meter konnte sich der 18-Jährige dieser Bürde kaum erwehren. Zusammen mit Trainer Jörg Riethues hatte er die Rennplanung in der Hoffnung auf ein schnelles Tempo ausgerichtet, bei dem Silas im Idealfall auf den letzten 600 Metern das Heft in die Hand nehmen und der Konkurrenz noch vor dem Zielsprint enteilen würde.
„Tristan hatte am Sonntag die besseren Beine“
Taugte die Renneröffnung mit einem flotten ersten Kilometer (2:51 Minuten) noch recht gut, schob sich das Feld auf Kilometer zwei (2:55 Minuten) erneut zusammen. Der stets wachsam und kontrolliert an Position zwei oder drei laufende Zahlten konnte seine Tempoverschärfung insofern nicht auf dem Fundament einer hohen Ermüdung seines großen Kontrahenten Kaufhold lancieren – zwar sprengte er die bis dahin zehnköpfige Spitzengruppe, doch das 16-jährige Top-Talent des SSC Hanau-Rodenbach wurde er nicht los. „Tristan ist direkt hinter mir geblieben und hat vor der letzten Runde die entscheidende Attacke gesetzt. Er konnte das Tempo auf der Gegengerade nochmals stark anziehen, ich konnte nicht folgen“, erlebte Silas das Finale als Fight gegen einen an diesem Tag übermächtigen Kaufhold. Auch Jörg Riethues erkannte das neidlos an: „Tristan hatte am Sonntag die besseren Beine, auch eine andere Taktik hätte daran nichts geändert.“
Hallensaison mit hochwertigen Bestzeiten ein voller Erfolg
Athlet und Trainer bilanzierten, in der Vorbereitung wie auch im Rennen alles gegeben und Silber gewonnen zu haben. „Ich bin sehr zufrieden, weil ich keine offensichtlichen Fehler gemacht habe“, stellte Silas Zahlten fest. Ohnehin war die Hallensaison weit mehr als die U20-DM: Mit herausragenden persönlichen Bestleistungen, die sowohl über die 1500 Meter als auch über 3000 Meter unter der Norm für die anstehenden U20-Europameisterschaften in Cluj (Rumänien) lagen, nimmt Silas Zahlten viel Motivation für den Sommer mit.
1500 Meter weiblich: Pia Schlattmann nah dran an den Medaillen
Pia Schlattmann zeigte über die 1500 Meter, dass sie eine exzellente Meisterschaftsläuferin ist. Souverän und ohne sich zu verausgaben, gestaltete sie ihren Vorlauf (4:47,17 Minuten) mit großem Q und der Gewissheit, die sehr gute Form abrufen zu können. Im Finale am späten Sonntagvormittag zeigte die Athletin von Robert Welp ihr taktisches Geschick und lief stets in Tuchfühlung zur Spitze. Als die Medaillen vergeben wurden, schien es eingangs der Schlussrunde für kurze Zeit so, als könne Pia Schlattmann im Sog der Top-Läuferinnen Carolin Hinrichs (VfL Löningen) und Emie Lotta Berger (Bayer Leverkusen) auf den Medaillenzug aufspringen. „Am Ende wurden die Schritte länger und Pia fehlte etwas Kraft, um den dritten Platz ins Ziel zu retten“, erlebte Robert Welp eine tadellos kämpfende Pia Schlattmann, die als Fünfte in 4:39,94 Minuten die Ziellinie überquerte. „Bei Erscheinen der Meldelisten hatte ich Platz fünf nicht für möglich gehalten“, war Welp unterm Strich sehr zufrieden.
3000 Meter weiblich: Leonie Kruse mit Saisonbestzeit auf Platz elf
Auf den 3000 Metern der weiblichen U20 bildete sich frühe eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der Leonie Kruse in der zweiten Gruppe mitschwamm und in deutlicher Saisonbestleistung (10:32,05 Minuten) als Elftplatzierte ins Ziel lief.
60 Meter: Maja Huesmann und Leonard Horstmann präsentieren sich in großen Feldern
Dass sowohl für Maja Huesmann als auch für Leonard Horstmann der Halbfinal-Einzug ein schwieriges Unterfangen sein würde, war beim Blick in die Meldelisten offensichtlich: Gleich acht Vorläufe standen in der weiblichen U20 auf dem Programm und auch im männlichen Bereich war die Konkurrenz tief besetzt. Maja Huesmann sprintete in 7,79 Sekunden bis auf eine Hundertstelsekunde an ihre Saisonbestleistung heran und auch Leonard Horstmann war in 7,17 Sekunden nah dran an seiner Vorleistung. Für beide war nach dem Vorlauf Endstation, indes dürften sie aus der JDM-Teilnahme viel Motivation ziehen.
4 x 200 Meter-Staffel scheidet mit missglücktem erstem Wechsel aus
Den Schlusspunkt der Deutschen U20-Hallenmeisterschaften setzen die 4 x 200 Meter-Staffeln der weiblich U20. Für die LG Brillux gingen Guely Batantou, Ida Schwering, Maja Huesmann und Franziska Lupfer auf der ungünstigen Bahn eins in Rennen. Leider glückte der erste Wechsel nicht, sodass das Quartett das Rennen aufgeben musste. In der Freiluftsaison warten neue Gelegenheiten, als Staffel in Erscheinung zu treten.
Bild: BEAUTIFUL SPORTS/KJPetersL SPORTS/KJPeters