Silas Zahlten läuft bei der Cross-EM auf Platz 64 und sammelt wertvolle Erfahrung

12.12.2022 | Mit Platz 64 in der Einzelabrechnung und dem 7. Mannschafts-Rang bestätigte Silas Zahlten von der LG Brillux Münster bei seinem zweiten internationalen Einsatz des Jahres, dass er auf einem ausgezeichneten Weg ist.

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„Ich bin um eine harte und schöne Erfahrung reicher“ – die Bilanz von Silas Zahlten unmittelbar nach dem Europameisterschafts-Rennen hätte treffender nicht sein können. Hinter dem 18-Jährigen lagen 5800 äußerst herausfordernde Meter im 101 Mann starken Feld der besten U20-Crossläufer des Kontinents. Das fünfköpfige deutsche U20-Team übte sich gar nicht erst in Illusionen. „Bereits bei der Streckenbegehung am Samstag wussten wir, dass es ein extrem hartes Rennen wird“, konstatiert Silas Zahlten nüchtern. Der weitläufige Piemonte La Mandria Park vor den Toren Turins offenbart dem geschulten Blick des Läufers sofort seine Tücken und Eigenheiten als Meisterschaftskurs: ein langer Anstieg mit giftigen Zwischenrampen, als Gegenstück eine technische Bergab-Passage ohne jeglichen Erholungswert – hier setzen sich die Stärksten durch, für das bei Bahnrennen übliche Taktieren bleibt kein Raum. Zum großen Respekt vor der Strecke gesellte sich eine Art kämpferischer Vorfreude: „Die Mentalität im Team war großartig. Wir wollten alles geben, um eine gute Platzierung zu erreichen und als Mannschaft zu performen“, verweist Silas auf den Wert des Teamgedankens.

Temperaturen um den Gefrierpunkt, knochenharte Profilfurchen

Indes war schon in den Minuten vor dem Rennen jeder auf sich allein gestellt. Der für große Meisterschaften berüchtigte Call-Room hält bei einer Cross-EM seine ganz eigene mentale Herausforderung bereit: „Es war sehr stressig und laut, da so viele Athleten die verschiedensten Dinge zu erledigen hatten – ganz anders als im Stadion, wo der Call-Room ein Ort der fokussierten Stille ist“, gibt Silas einen Einblick in die psychologische Komponente des EM-Starts. So war das deutsche Quintett geradezu erleichtert, als um 9:35 Uhr der Startschuss die große Meute von 101 Läufern aus 28 Nationen endlich auf die Reise schickte. Neben Silas Zahlten stürmten der deutsche U20-Meister Kurt Lauer, Constantin Carls, Benjamin Dern und Lukas Ehrle in Richtung der ersten Kurve.

Die männliche U20 eröffnete die Europameisterschaften – nach einer kalten Nacht und Temperaturen um den Gefrierpunkt während des Rennens bedeutete das: Da, wo sich am Vortag bei den Probeabläufen die Dornen hunderter Läufer*innen in den weichen Rasen eingegraben hatten, war der Rasen jetzt von knochenharten Profilfurchen durchwirkt. Die Spitze des Feldes um eine Vierergruppe mit den Dänen Joel Ibler Lilleso und Axel Vang Christensen, dem Iren Nicholas Griggs sowie dem Briten Willi Barnicoat zeigte sich davon unbeeindruckt, mit höllischem Tempo zog die Gruppe das Feld am ersten Anstieg weit auseinander. Silas machte indes früh die Bekanntschaft mit den Unwägbarkeiten des Bodens: Er vertrat sich an einer für ihn nicht sichtbaren Bodenwelle und wurde infolgedessen vom Spike eines Kontrahenten am Fuß getroffen – trotz kleiner Wunde setzte er das Rennen von den hinteren Rängen fort.

Starke Berg-Passagen, schnelle Schlussrunde

„Am anspruchsvolle Berg kam ich gut zurecht. Ich konnte meinen Rhythmus laufen und habe in jeder der vier Runden Boden gutgemacht“, zeigte Silas nach dem ersten Schreckmoment die von Trainer Jörg Riethues prognostizierte Stärke am Anstieg. Schwerer tat er sich auf den langen Flachpassagen, während es bergab in erster Linie darum ging, einen Sturz zu vermeiden. In der Summe zeigte Silas vor allem auf der Schlussrunde einen beherzten Auftritt und kämpfte sich noch bis auf Platz 64 nach vorne (19:10 Minuten). Besonders erfreulich: Als viertplatzierter der Deutschen gelang ihm der Sprung in die Mannschaftswertung, zusammen mit Benjamin Dern (Platz 26), Kurt Lauer (Platz 29) und Lukas Ehrle (Platz 41) belegte er hier einen guten siebten Rang. „Mit dem Ergebnis kann ich zufrieden sein; zwar hätte mehr drin sein müssen, aber dieses Rennen war eben anders als alle anderen“, ordnet er seine Platzierung ein. Begeistert zeigte sich Silas von der Stimmung am Rande der Strecke: „Die Zuschauer*innen haben jede Läuferin und jeden Läufer angefeuert, egal auf welcher Position im Feld sie lagen.“

Zwei der Topfavoriten geben entkräftet auf, Herzschlagfinale um Gold

Die eigenen Gesetze einer Cross-EM mussten indes auch andere anerkennen: aus deutscher Sicht der mutig anlaufende Kurt Lauer, der nach der ersten Runde noch unter den ersten zehn rangierte, aus internationaler Sicht die Topfavoriten Axel Vang Christensen (Dänemark) und Abdullah Dahir Rabi (Norwegen), die beide entkräftet aufgaben. An der Spitze des Feldes spielte sich im Finish ein weiteres Drama ab: Der Ire Nicholas Griggs sah nach einem Vorstoß auf der Schlussrunde bereits wie der sichere Sieger aus, auf der Zielgeraden verließen ihn die Kräfte und er wurde zehn Meter vor dem Ziel noch vom heraneilenden William Barnicoat (Großbritannien, 17:40 Minuten) abgefangen. Bronze ging an den Iren Casey Dean.

Jörg Riethues zufrieden, Silas Zahlten blickt aufs nächste Jahr

In Münster beobachtete Trainer Jörg Riethues das Rennen im Livestream. Dass Silas sich im Vergleich zu den deutschen Meisterschaften im teaminternen Vergleich um einen Platz verbesserte und in seinem ersten U20-Jahr den Sprung in die Teamwertung schaffte, stimme ihn zufrieden: „Silas hat sich das Rennen gut eingeteilt und sich vom Tritt auf den Fuß nicht beirren lassen.“ Sein Athlet richtet am Tag nach der Cross-Europameisterschaft den Blick bereits nach vorne: „Die Erfahrungen aus Turin werden mir helfen, im U20-Altjahrgang bei den internationalen Höhepunkten zu performen.“